Auf dem Weg zu fairen Arbeitsbedingungen für alle Wissenschaffenden
20 September Samstag
19:00 – 20:30 CEST
Engelnest,
Wilhelm-Kabus-Straße 24, 10829, Berlin
Seit Donald Trump begonnen hat gegen US-Universitäten vorzugehen, indem er ihnen die Mittel kürzt und sich in ihre interne Organisation einmischt, herrscht in Deutschland (und in Europa insgesamt) eine gewisse Freude über die Aussicht auf einen Zustrom von weltweit führenden Wissenschaftler*innen. Eine Umfrage von Nature ergab, dass 75% der US-Wissenschaftler*innen derzeit erwägen, die USA in Richtung Kanada oder Europa zu verlassen [1]. Auch die Universität Hongkong hat Tausende von Studenten, die wahrscheinlich nicht an der Harvard University zugelassen werden können, bereitwillig aufgenommen [2].
Für Wissenschaffende und Studierenden, die aus anderen Ländern unter autokratischen Regimen fliehen mussten, muss diese Begeisterung befremdlich wirken. Warum sollte man erfreut sein, wenn jemand gezwungen ist, sein Heimatland (und Hochschulkarriere) zu verlassen? Und warum werden Wissenschaffende und Studierende aus Syrien, der Türkei, dem Iran, der Ukraine, Russland oder Ungarn (und vielen anderen Ländern) als Empfänger von Großzügigkeit behandelt, weil sie von der deutschen Wissenschaft „gerettet“ wurden, und nicht als hervorragenden Zuwachs zur wissenschaftlichen Gemeinschaft?
Um es klar zu sagen, auch wenn es undenkbar erscheint: Internationale Wissenschaffende und Studiere, die jetzt aus den USA kommen, wären gefährdet, auf der Flucht vor einem autoritären Regime und könnten daher nicht einfach zurückkehren. Sie stünden kurz davor, einen Flüchtlingsstatus zu erhalten. Ihr Aufenthaltsrecht wäre an ihren Arbeitsvertrag geknüpft, der in der deutschen Wissenschaft in der Regel befristet ist und unter der direkten Kontrolle von Professor*innen steht. Schlimmer noch: Jüngste Untersuchungen haben auf Hierarchien basierende missbräuchliche Verhaltensweisen ans Licht gebracht, die besonders internationale Wissenschaffende betreffen [3].
Unsere Podiumsdiskussion bringt internationale, gefährdete Wissenschaffende, die in der deutschen Wissenschaft arbeiten, Interessenvertreter*innen des akademischen Mittelbaus und Organisationen, die sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen, zusammen, um diese neuesten Entwicklungen kritisch zu beleuchten und was sie für bestehende Herausforderungen wie Prekarität, Machtmissbrauch und den Zustand akademischer Freiheit bedeuten.
Bestätigte Diskussionsteilnehmer*innen:
Dr. Aslı Vatansever (Bard College Berlin), Soziologin für Arbeit und soziale Schichtung mit Schwerpunkt auf prekärer akademischer Arbeit. Seit ihrer Entlassung von ihrer außerordentlichen Professur und Ausschluss aus dem öffentlichen Dienst in der Türkei, weil sie 2016 die Petition der Akademiker für den Frieden unterzeichnet hatte, ist sie in Deutschland wissenschaftlich taetig.
Dr. Yannick Giovanni Marshall ist Spezialist für auf antikoloniales Black Thought, politisches Exil und Dissidenz. Er unterrichtete zeitgenössisches Black Thought an der School of Critical Studies des CalArts (California Institute of the Arts), bevor er auf Grund der zunehmenden Unterdrückung von Black Studies, Protesten und akademischer Freiheit aus den USA floh.
Zukunftswerkstatt:
Wie schaffen wir mehr Solidarität unter allen Wissensarbeitern?
Moderatorin: Anna Paßlick
September 21 Sonntag
11:00 – 14:00 CEST
Engelnest,
Wilhelm-Kabus-Straße 24, 10829, Berlin
Ist die Einladung an US-Wissenschaffende, in Deutschland Zuflucht zu suchen, ein Weg, den Druck auf Wissensarbeitende noch weiter zu erhöhen? Werden die schlechten Arbeitsbedingungen in der deutschen Wissenschaft zu einer Minderung der Solidarität für US-Wissenschaffende als politische Flüchtlinge führen, aufgrund ihrer vermeintlichen Vorzugsbehandlung? Wie können wir unsere Institutionen verändern, um den Bedürfnissen der wachsenden Zahl gefährdeter Wissenschaffender gerecht zu werden?
Als Nachbereitung unserer Podiumsdiskussion Gemeinsame Kämpfe, ungleiche Bedingungen: Auf dem Weg zu fairen Arbeitsbedingungen für alle Akademiker*innen am Vorabend laden wir Organisationen, Initiativen, die Belästigung am Arbeitsplatz bekämpfen und Exil-Wissenschaffende aus unterschiedlichen Ländern zu einem dreistündigen Workshop am Sonntagmorgen ein. Gemeinsam wollen wir über konkrete Maßnahmen nachdenken, um die derzeitige Situation zu verbessern, die Solidarität zwischen verschiedenen Gruppen von Wissenschaffenden zu fördern und Infrastrukturen zur Unterstützung zu schaffen, anstatt den Wettbewerb um sicherere Räume in der Wissenschaft zu verschärfen.
Die Teilnahme ist auf 30 Personen begrenzt.
Die Podiumsdiskussion und der Workshop sind Teil des Off Festival. Bitte füllen Sie das Anmeldeformularus, um uns bei der Planung zu helfen. In den kommenden Wochen werden wir uns mit Ihnen in Verbindung setzen, um Ihre Teilnahme zu bestätigen und Sie über die weitere Planung der Veranstaltungen zu informieren.
[1] https://www.nature.com/articles/d41586-025-00938-y
[2] https://www.nature.com/articles/d41586-025-01657-0
[3] Asli Vatansever 2023, see also video documentation on Deutsche Welle from March 2025 here: https://www.dw.com/en/max-planck-institute-abuse-of-power-elite-scientists-germany-v2/video-71904207